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Testberichte

"Eine schöne Überraschung!" Radon Jab 9.0 HD im Test - Vélo Tout Terrain Nr. 236 Oktober-November 18

16.10.2018

Um ganz ehrlich zu sein war ich skeptisch und gleichzeitig neugierig auf diesen Test. Ich muss dazu sagen, dass ich bisher vor allem Räder in den Händen hatte, die ich entweder vom Sehen oder dank des Namens schon vorab kannte und eine gewisse Vorkenntnis mitbrachte. Aber dieses Rad war mir gänzlich unbekannt. Radon hat mir ein nagelneues Jab 9.0 HD zukommen lassen, ein Enduro mit einer ordentlichen Portion Federweg!
Nur kurz vorab: ein RADON BIKE kauft man so gut wie immer im Internet. Das Rad kommt also vormontiert bei euch an, ihr müsst es nur noch einstellen. Partnershops können die Einstellungen oder auch die Endmontage übernehmen, falls Ihr in diesen Dingen nicht so bewandert seid.
Was mich betrifft, mag ich es nicht besonders, wenn meine Räder durch jemanden anderen eingestellt werden und lege lieber selbst Hand an. In meiner Garage steht nun also dieses riesige Paket. Der Karton ist intakt und die Verpackung äußerst sorgfältig für ein Rad, das man mit nur drei Klicks kauft. Beim Auspacken entdecke ich ein von der Farbgebung her sehr schlichtes Modell. Schon allein sein Gewicht überrascht mich, denn es ist alles andere als schwer. Ich erinnere nur daran, dass man für dieses Rad lediglich 3.399 € hinlegen muss. Das will ich lieber sofort sagen, denn das was folgt, ist einfach beeindruckend...
 
Nach nur wenigen Handgriffen ist das Rad eingestellt und ich steige auf mein JAB. Beim Schraubendrehen und Einstellen stellte ich mir doch so einige Fragen: „Haben die sich nicht geirrt und mir ein Rad für 6.000€ geschickt?“ Die Ausstattung des Bikes ist außergewöhnlich gut und der Full-Carbon-Rahmen sehr sehr gut verarbeitet. Er weist nicht nur viele grafische, sondern auch praktische Details auf. Mit seinem Flipchip zur Änderung der Geometrie liegt er voll im Trend variabler Enduros. Über einen kleinen Einsatz an der Hinterradaufhängung lässt sich die Geometrie ganz leicht mit einem Sechskantschlüssel verändern. Schnell sind Lenk- und Sitzwinkel angepasst und die Tretlagerhöhe um 14 mm höher oder tiefer. Bei meinen Hometrails kommt es mir mehr auf Wendigkeit als auf Stabilität an. Also stelle ich das Fahrwerk in die höhere Position und entschließe mich für einen steileren Lenkwinkel von 65.8°.
Was die Geometrie betrifft, haben wir hier einen Rahmen, der die Fahrradwelt nicht revolutioniert. Das Rezept ist simpel: kurze Streben von 428 mm, ein Oberrohr von 598 mm Länge und ein für das Gelände ziemlich flacher Lenkwinkel (65.2°/68.8°), der daran erinnert, dass wir es mit einem richtigen Enduro zu tun haben.
Nehmen wir das Rad mal etwas genauer unter die Lupe: die Rohrverbindungen des Carbon-Rahmens sind sorgfältig verarbeitet und die matte Farbe verleiht ihm einen hervorragenden Look. An den Komponenten ist rein gar nichts auszusetzen! Bei der Federung setzt man mit einer guten Lyrik RCT3 Gabel, sowie einem Super Deluxe RC3 Dämpfer auf RockShox. Die starke Bremsfähigkeit der Sram Code R ist gewöhnlich bei eher radikaleren Rädern zu finden. Dazu ein  X01 Eagle Schaltwerk mit 12 Gängen, ebenfalls aus der Familie Sram, und eine schöne Descendant-Carbon-Kurbel mit 170 mm Länge. Im Sattelrohr steckt eine SDG Tellis-Sattelstütze mit 150 mm Hub. Sie erweist sich als gut konzipiert und äußerst überzeugend. Eine andere Überraschung: Die Räder e*thirteen TRS aus Alu. Obwohl ich während des Testzeitraums diese in keiner Weise geschont habe, laufen sie immer noch rund wie am ersten Tag. Die Schwalbe-Reifen hingegen sind etwas anfällig, vor allem der hintere Pneu ist den spitzen Steinen meiner Hometrails nicht gewachsen. Und zum Abschluss dieser Präsentation solltet Ihr wissen, dass das Rad nur in drei Größen (S-M-L) erhältlich ist. Für ganz Große könnte dies ein wenig knapp sein. (Neu für 2019 kommt das Jab auch in XL)

WILLKOMMEN ZUHAUSE

Endlich ist es soweit. An Schwalbe-Reifen gewöhnt, pumpe ich sie auf den für mich üblichen Druck von 1,2 Bar, stelle die Vorspannung der Federung für den Enduro-Einsatz auf 25-30% ein und los geht’s! Es spricht bei der Beschleunigung gut an, wobei der blockierte RockShox Dämpfer diese Wirkung noch steigert, und ich überrasche mich selbst dabei, beim ersten Anstieg aus dem Sattel gehen zu wollen, um anzugreifen! Ich habe beim Auspacken vom Gewicht gesprochen, und wirklich ist hier ein Gefühl von Leichtigkeit zu spüren. Zwar kein Rekordwert, das ist wahr, aber bei einem echten Enduro ist es schon selten, unter 14 Kg zu bleiben. Das Terrain wechselt zunehmend mit schönen ansteigenden und trialartigen Abschnitten. Ich öffne die Federungen für mehr Grip und nutze den Rebound der Federung, um wie eine Gämse von Felsen zu Felsen zu springen... Das JAB verhält sich extrem verspielt, das Tretlager setzt aufgrund seiner passenden Höhe nicht auf, und die SDG Sattelstütze reagiert geschmeidig und reibungslos auf Fingerdruck. Dieses Rad beginnt mir wirklich zu gefallen. Das Schaltwerk Sram X01 Eagle arbeitet geräuschlos und effizient. Ich sitze gut auf dem Rad. Das ermöglicht mir, bei den technischen Passagen mobil zu bleiben. Kein Absacken und auch kein Nachhintenrutschen in eine zu starke DH Position.

Von Aufstieg zu Aufstieg erweist sich dieses JAB als sehr fügsam und ich empfinde wie ein „Willkommen-zu-Hause-Gefühl“ über mich kommt. Es ist nicht nötig, alle fünf Minuten anzuhalten um wieder irgendwas neu einstellen zu müssen. Das JAB integriert sich schnell in die Familie und verspricht schöne Touren! Hinter jedem Aufstieg versteckt sich eine Abfahrt. Für meine erste, suche ich mir eine spezielle Enduro-Strecke mit Sprüngen, Steinfeldern und engen Kurven aus. Das Ganze übersät von spitzen Steinen: Eine wahre Herausforderung! Der Beginn ist wirklich steil und meine Shorts reibt ab und an am Hinterreifen. Der Trail ist so steil, dass ich unaufhörlich schneller werde und mich in eine Steilkurve schieße. Das Jab gleitet wie auf Schienen. Die Federung macht die ganze Arbeit. Die RockShox Lyrik-Gabel absorbiert die Komprimierungen ohne Murren. In dem Moment, als mich die Steilkurve ausspuckt, spüre ich die Steifigkeit des Rahmens. Diese Steifigkeit erweist sich in den folgenden Abschnitten als sehr spaßig.



TROTZ KLEINER FEHLER, EIN READY TO RACE RAD

Bei großer Geschwindigkeit und leichten Kurven drücke ich mich absichtlich in die Kompression, um noch schneller aus der Kurve herauszukommen und diese Steifigkeit zu nutzen. Das Rad macht einfach richtig Spaß und zaubert mir unentwegt ein Lächeln ins Gesicht. Sobald man bremsen muss, sind die Sram Code wirklich erbarmungslos und lassen mich nie im Stich. Mit den Jungs im Rücken tendiere ich noch mehr dazu, die Bremsen aufzulassen und wage voller Zuversicht einen Drop, einen Fall von gut zwei Metern mit fast waagerechter Aufprallfläche. Auch da murrt das JAB nicht, optimale Leistung der Federung beim Aufsetzen, keine negative Reaktion. Das Rad bleibt in der richtigen Position und stets unter Kontrolle. Bei den Sprüngen zeigt sich das JAB sehr wendig. Sobald man am Lenker zieht, geht es sofort in die Höhe. Auch die Laufräder von e*thirteen sind dabei natürlich nicht unwichtig. Sie sind wirklich robust. Und wenn man die Größe der Nabe betrachtet, weiß man sofort, dass diese Räder ihren Job erledigen werden. Das JAB lässt mich rasen, ich suche die Limits, aber diese sind echt schwierig zu erreichen, so groß ist das Potenzial.

Dieses Rad ist ein echtes Spielzeug und es wird eine große Anzahl an Fahrern glücklich machen. Über ein paar Fehler schaut man bei diesem gut ausgestatteten Ready-to-Race-Rad wirklich gern hinweg. Man sollte nicht versuchen zu bremsen. In steinigen Zonen heißt es Gas geben, das Rad macht den Rest. Noch dazu bleibt die Kette dank der Kettenführung e*thirteen da wo sie sein soll. Diese lässt sich übrigens bequem und ohne Werkzeug öffnen, falls die Kette doch einmal herausgesprungen ist oder gewechselt werden sollte.

Ich werde dieses Rad noch weitere drei Wochen fahren, einfach so, weil es eben so viel Spaß macht. Das Preisleistungsverhältnis hat mich völlig verblüfft. Man kann über alles diskutieren, es selbst oder sein Vertriebsnetz kritisieren, aber das Ergebnis ist da: 3.399 € für ein exzellentes Rad!
Natürlich kann ich heute weder den Kundendienst noch einen anderen Service dieser Marke beurteilen, aber eins ist sicher: Ihr werdet beim Kauf nicht enttäuscht sein, so gut und vielseitig einsetzbar ist das RADON JAB und damit also eine wirklich schöne Überraschung!
Mehr Informationen zum JAB 9.0 HD

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Testberichte , JAB , News

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